Wenn Biointelligenz in die Unternehmen kommt, ist Nachhaltigkeit mehr als die Vermeidung klimaschädlicher Gase

Halten Sie folgende Aussagen für richtig?

»Nachhaltigkeit spielt bei der Kaufentscheidung von Konsumenten eine immer größere Rolle.«
»Tierische Produkte werden sehr bald nicht mehr ausreichen, um den künftigen Proteinbedarf weltweit zu decken.«
»Fortschritte in der Medizin, beispielsweise personalisierte Therapien, müssen jedem Bürger zugänglich sein.«
»Unsere Energieversorgung muss endlich klimaneutral werden.«

Was sie miteinander zu tun haben? Sie betreffen menschliche Bedürfnisfelder, die Sie in jeder Gesellschaft finden: Konsum, Ernährung, Gesundheit und Energie. Und wenn Sie uns eben zugestimmt haben, sehen Sie auch: allesamt müssen dringend transformiert werden.

Wie? Unsere Antwort heißt: durch »Biointelligenz«. Auf die digitale Transformation, die unter dem Schlagwort »Industrie 4.0« in die Produktion eingezogen ist, folgt nun die Biologische Transformation. Doch was bedeutet das?

Statt, wie bei Industrie 4.0, lediglich technische und informatorische Systeme zu cyberphysischen Systemen zu verbinden, um die Produktivität zu steigern, verbindet die Biointelligenz technische und informatorische zusätzlich mit biologischen Systemen und eröffnet so einen völlig neuen, radikal nachhaltigen Innovationsraum. In diesem entstehen neuartige, funktionale Materialien, Produkte, Produktionstechnologien oder Geschäftsmodelle, mit denen sich Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil erarbeiten. Außerdem erlaubt dieser gleichermaßen Lieferkettenrisiken und Rohstoffverknappung entgegenzuwirken, um die Resilienz zu erhöhen.

Geschäftsmodelle für Kunden mit Anspruch auf Nachhaltigkeit

So verbinden innovative Geschäftsmodelle neuartige und digitale Technologien, um Kunden den Anspruch auf Nachhaltigkeit zu erfüllen und die sozialen Bedürfnisse in der Gesellschaft zu befriedigen. Erst durch passende Geschäftsmodelle können die neuartigen technologischen Ansätze für die genannten Anspruchsgruppen genutzt werden. Herausforderungen entstehen dabei auf strategischer Ebene. Wo verorten und positionieren sich Unternehmen mit ihren Produkten und Dienstleistungen entlang neuer Wertschöpfungsstrukturen und wie können entstehende Risiken vorweg in Betracht gezogen werden, wie beispielsweise Entwicklungszeiten und Markteinstieg? Durch Neukunden aus den Anspruchsgruppen können Umsatzpotenziale erschlossen werden. Ferner bietet der ressourcenschonende Einsatz von Technologien gleichzeitig die Chance, Kosten zu senken. Beides trägt zum wirtschaftlichen Erfolg bei. Wenn beispielsweise Krankenhäuser in Zukunft zu Produzenten personalisierter, zellbasierter Therapeutika werden, entsteht für den Maschinen- und Anlagenbau ein vollkommen neuer Markt, der über innovative Geschäftsmodelle wie therapy-as-a-service bedient werden kann.

Vermeidung klimaschädlicher Gase reicht nicht

Wollen Unternehmen auch in Zukunft als nachhaltig wahrgenommen werden, müssen sie mehr tun. Eine nachhaltige Gestaltung von Produktionssystemen ist mehr als die Vermeidung klimaschädlicher Gase. Viele aktuelle Ansätze zur nachhaltigen Optimierung von Produktionssystemen und Produkten sind kaum mehr als eine kosmetische Anpassung historisch gewachsener Fehlentwicklungen. Oftmals funktionieren sie gar nicht, wie u. a. das Beispiel des Plastikrecyclings zeigt.

Wenn wir weiterhin im Wohlstand leben wollen, müssen unsere Unternehmen global wettbewerbsfähig bleiben. Dies kann nur über wirklich disruptive Innovationen, verbunden mit interdisziplinärem, breitem und tiefem Know-how gelingen.

Biointelligenz im Unternehmen

Biointelligenz und Nachhaltigkeit müssen elementarer Bestandteil der Unternehmensstrategie werden. Daher ist es bereits in der gesellschaftlichen Mission und der Unternehmensvision zu berücksichtigen. Dies gilt es vom Strategieentwicklungsprozess bis zur operativen Ebene zu realisieren. Dazu müssen in produzierenden Unternehmen Kompetenzen in den Bereichen Biologie- und Biotechnologie aufgebaut werden und früh im Innovations- und Entwicklungsprozess in interdisziplinären Teams eingebracht werden.

Damit dies gelingt, sollten sich Unternehmen nun rasch in Netzwerkorganisationen wie das Kompetenzzentrum Biointelligenz e. V. einbringen, um aktiver Spieler bei der Entwicklung neuer Wertschöpfungsarchitekturen zu werden.

Gestalten Sie die Transformation in eine Biointelligente Wertschöpfung mit und warten sie nicht ab, bis es andere (vor)machen. Gehandelt werden muss jetzt!

Biointelligenz für die Gesellschaft

Auch die Politik ist gefordert. Sie muss die richtigen Signale setzen, d. h. ausreichend Finanzierung, Freiräume und Flächen für Forschungseinrichtungen, Start-ups und etablierte Unternehmen schaffen sowie entschieden gegen klimaintensive Produktionsprozesse und nicht nachhaltige (z. B. persistente) Substanzen vorgehen. Viel Zeit bleibt uns nicht. Lassen Sie uns mutig das neue Innovationsfeld der Biointelligenz gestalten!

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