Klimafreundliche Energieträger: Synthetische Kraftstoffe aus CO2

Wie sieht die Zukunft der Mobilität aus? Sie besteht jedenfalls aus mehr als E-Autos und elektrischen Antrieben. Im Transportsektor werden wichtige Bereiche – zum Beispiel die Luft- und Schifffahrt − weiterhin auf Kraftstoffe angewiesen bleiben. Um dennoch unsere Klimaschutzziele zu erreichen, brauchen wir also nachhaltige Kraftstoffe, die auf Basis nachwachsender Rohstoffe hergestellt werden und durch deren Nutzung somit kein weiteres CO2 in die Atmosphäre eingebracht wird. Dr. Arne Roth, Experte für katalytische Prozesse am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik IGB in Straubing, nimmt im Biointelligenz-Blog Stellung zu den wichtigsten Fragen mit Blick auf die Kraftstoffe der Zukunft. Dabei gibt der Chemiker einen Einblick, wie fortschrittliche Kraftstoffe am IGB synthetisiert werden – nämlich aus dem Treibhausgas CO2 selbst.

Wozu brauchen wir nachhaltige Kraftstoffe?

In vielen Bereichen des Transportsektors werden wir auch in Zukunft Kraftstoffe brauchen, auch wenn alle Autos elektrisch betrieben werden. Flugzeuge und Schiffe etwa bleiben auf Kraftstoffe angewiesen. Damit auch diese Transportmittel klimaneutral bewegt werden können, müssen nachhaltige Kraftstoffe verfügbar sein, durch die kein weiteres CO2 in den aktiven Kohlenstoffkreislauf gelangt.

Wie und woraus kann man Kraftstoffe auf nachhaltige Weise herstellen?

Es kommt auf den Rohstoff an, also auf das Material, aus dem die Kraftstoffe produziert werden. Der Rohstoff muss nachwachsend (oder allgemeiner: regenerierbar) sein. Wir brauchen Materialien, die nicht aus fossilen Ressourcen stammen, also vor allem nicht aus Kohle, Erdgas oder Öl, die wir besser in der Erde lassen, wo sie seit vielen Millionen Jahren lagern. Für nachhaltige Kraftstoffe kann man sehr gut Materialien pflanzlicher Herkunft nehmen. Das können auch Rest- und Abfallstoffe sein, zum Beispiel Stroh, Holzreste oder auch Klärschlamm. Sehr gut eignet sich aber auch CO2 selbst als Rohstoff. Das kann man auf chemischem Wege, etwa durch Reaktion mit Wasserstoff, zu Kraftstoffen umsetzen. Das ist genau das, was wir in unserer Forschungsarbeit im Bereich der nachhaltigen katalytischen Prozesse machen.

Warum ist es spannend, Kraftstoffe aus CO2 zu synthetisieren?

Kraftstoffe sind eigentlich immer aus CO2 hergestellt. Wenn wir pflanzliche Rohstoffe nehmen, dann haben vorher die Pflanzen das CO2 aus der Luft genommen und über Photosynthese in Biomasse umgewandelt. Daher sind auch die fossilen Rohstoffe Öl, Kohle und Gas im Prinzip aus CO2 hergestellt, nur dass die wesentliche Arbeit von Pflanzen vor vielen Millionen Jahren erledigt worden ist. In unserer Forschung lassen wir uns von der Natur inspirieren und nehmen CO2, um daraus auf technischem Weg Kraftstoffe herzustellen. Wir umgehen dabei die biologische Photosynthese und erreichen das Ziel durch chemische Prozesse. Das Tolle daran ist, dass wir das im Labor hinbekommen, ohne vorher auf fruchtbarem Land Biomasse anbauen zu müssen. Die wertvolle Biomasse sollte lieber zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion genutzt werden. Und aus den Reststoffen kann man wertvollere Dinge herstellen als Kraftstoffe, die am Ende doch verbrannt werden − die stoffliche Nutzung sollte hier eine höhere Priorität als die energetische haben. Die Verfahren zur Kraftstoffsynthese aus CO2 sind effizient und verbrauchen wenig wertvolle Ressourcen. Als Rohstoffe dienen CO2, Wasser und erneuerbare Energie. Davon werden allerdings große Mengen benötigt, denn Kraftstoffe sind Massenprodukte und der Bedarf ist beträchtlich. Die Idee der nachhaltigen Kraftstoffproduktion ist nur dann tragfähig, wenn die Erzeugung erneuerbarer Energien weiterhin stark aufgebaut wird, und zwar weltweit. Dafür werden Flächen gebraucht, jedoch in deutlich geringerem Maße, als wenn die entsprechenden Kraftstoffvolumina alleine aus Biomasse erzeugt würden. Und es müssen keine fruchtbaren oder biodiversen Flächen sein. Daher finde ich den Ansatz der Produktion synthetischer Kraftstoffe aus CO2 sehr sinnvoll und spannend!

Bei allen Vorteilen und Potenzialen, die in der CO2-basierten Kraftstoffsynthese stecken, ist mir aber auch wichtig zu sagen, dass diese Technologie nicht der goldene Weg ist, der allein zu einem nachhaltigen Transportsektor führt. Es kommt immer darauf an, welche Bedingungen an einem Produktionsstandort vorliegen. Bin ich an einem Ort mit viel Wind und/oder Sonnenschein und einer geeigneten CO2-Quelle, dann kann ich Kraftstoffe aus CO2 herstellen. Befindet sich der Standort jedoch in einer Region, in der bestimmte biogene Rohstoffe (also Biomasse) in großen Mengen vorliegen, dann sollte diese auch genutzt werden. Es ist auch möglich, die Nutzung von Biomasse mit einem CO2-basierten Syntheseprozess zu kombinieren. Bei vielen Prozessen einer Bioraffinerie entsteht CO2 als Reststoffstrom − dieser kann gleich vor Ort genutzt werden, um weitere wertvolle Produkte zu erzeugen. Wir müssen mehr in Richtung integrierter Prozesse denken, die verschiedene Stoffströme nutzen und das Beste aus den lokalen Gegebenheiten machen.

Wozu brauchen wir Katalysatoren bei der Herstellung von Kraftstoffen?

Katalysatoren helfen dabei, dass die Prozesse möglichst viele wertvolle Kraftstoffe und wenig unerwünschte Nebenprodukte liefern. Technisch spricht man von einer möglichst hohen Selektivität, die durch Katalysatoren erreicht wird. Außerdem sorgen gute Katalysatoren dafür, dass chemische Reaktionen schneller und bei milderen Prozessbedingungen ablaufen – das spart Energie! Aus diesen Gründen sind Katalysatoren nicht nur bei der Kraftstoffsynthese, sondern praktisch bei allen technisch relevanten chemischen Prozessen absolut unverzichtbar.

Das Fraunhofer IGB – die richtige Adresse für nachhaltige katalytische Prozesse

Sind Sie selbst im Transportsektor tätig und sehen Bedarf an neuartigen, nachhaltigen Kraftstoffen? Suchen Sie nach Möglichkeiten für eine wertschöpfende Nutzung von CO2-Strömen oder anderen regenerativen Rohstoffen? Oder gibt es in Ihrer Branche Bedarf an umweltfreundlichen Alternativen zu herkömmlichen Kraftstoffen? Dann zögern Sie nicht, mit uns in Kontakt zu treten. Gern entwickeln wir mit Ihnen eine maßgeschneiderte Lösung für Ihren spezifischen Bedarf. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage!

TV-Tipp zum Thema nachhaltige Kraftstoffe

Das Thema »Synthetische Kraftstoffe« war auch schon Thema der Sat1-Dokumentation »Die Zukunft der Luftfahrt in Bayern«. Darin erklären Dr. Arne Roth und sein Kollege Dr.-Ing. Ferdinand Vogelgsang ihre Forschung zur Herstellung von grünem Kerosin aus CO2.

 

Teil 1: »Klimaschonend fliegen?« (ab 11.00 Min.)

 

Teil 2: »Nachhaltiges Kerosin und umweltfreundliche Propeller« (ab 4.55 Min.)

 

Kommentar schreiben